2. Probleme der Geometrieverrechnung


2.8. Werkzeugkorrekturen für die CNC-Bearbeitung

Sinn und Zweck der Arbeit mit Werkzeugkorrekturwerten 

Mit Hilfe der Werkzeugkorrekturen läßt sich ein Werkstück sehr einfach ohne Berücksichtigung der später tatsächlich zur Anwendung kommenden Werkzeuglängen oder Werkzeugradien programmieren. Die vorhandenen Zeichnungsmaße des Werkstücks können direkt zum Programmieren genutzt werden. Die Werkzeugmaße, ob Längen oder Fräsen- bzw. Wendeschneidplattenradien werden von der CNC-Steuerung automatisch berücksichtigt.




2.8.1. Werkzeuglängenkorrektur beim Fräsen und Drehen

Eine Werkzeugkorrektur, bezogen auf einen Bezugspunkt, ermöglicht den Ausgleich zwischen der vorgegebenen und der tatsächlichen Werkzeuglänge, wie sie z.B. durch das Nachschleifen des Werkzeuges entsteht. Diese Länge des Werkzeuges muß der Steuerung bekannt sein. Dazu ist es notwendig diese Länge L, das heißt den Abstand zwischen dem Werkzeugeinstellpunkt B und der Schneidenspitze zu vermessen und in die Steuerung einzugeben.

In der CNC-Steuerung werden diese Werkzeugkorrekturwerte im Korrekturspeicher abgelegt, wobei es in den meisten CNC-Steuerungen möglich ist , bis zu 99 Werkzeuge zu beschreiben. Während der Bearbeitung müssen diese Werte aktiviert werden. Der Aufruf erfolgt innerhalb des NC-Programmes z.B. mit der entsprechend dafür vorgesehene Stellen im T-Wort.




2.8.2. Werkzeugradiuskorrekturen

CNC-Steuerungen besitzen die Möglichkeit der Fräserradiuskorrektur bei Fräsmaschinen bzw. der Schneidenradiuskorrektur bei Drehmaschinen. Mit deren Hilfe kann bei der Erstellung eines NC-Programmes die Fertigteilkontur des Werkstückes direkt programmiert werden.




2.8.2.1.Werkzeugradiuskorrektur (Fräsen) Werkzeugradiuskompensation

Damit ein Werkzeug mit hoher Genauigkeit die programmierte Kontur erzeugt, muß sich der Werkzeugmittelpunkt auf einer Bahn bewegen, die parallel zur programmierten Bahn verläuft. Diese Werkzeugmittelpunktsbahn bezeichnet man als Äquidistante(abstandsgleiche Bahn).

Die Äquidistantenbahnen werden bei CNC-Steuerungen durch Werkzeugradiuskompen-
sation automatisch berechnet.
Dazu muß im Werkzeugspeicher bzw. im NC-Programm angegeben werden:
 

  • wie groß der Werkzeugradius ist
  • und auf welcher Seite der programmierten Fertigkontur (bezogen auf die Bearbeitungsrichtung) sich das Werkzeug befindet



2.8.2.2.Schneidenradiuskorrektur (Drehen) Schneidenradiuskompensation
 

Beim Drehen tritt an die Stelle des Werkzeugradius der Schneidenradius am Drehmeißel.
Bei der Programmierung der Fertigkontur wird angenommen, daß die Werkzeugschneide am 
Angriffspunkt spitz zuläuft. 
In Wirklichkeit sind die Schneiden jedoch abgerundet; die Steuerung gleicht den Abstand zwischen theoretischer Werkzeugspitze und Werkzeugschneide aus.
Damit diese Äquidistantenbahn immer auf die richtige Seite der Kontur gelegt wird, muß durch Angabe des „Quadranten“ der Steuerung mitgeteilt werden, aus welcher Richtung die Werkzeugschneide an die Kontur herantritt.




2.8.3. Werkzeugmessung und –einstellung mit einem Einstellgerät

Um eine CNC-Maschine effizient auszulasten, wird die Werkzeugvermessung (Werkzeugvoreinstellung) in der Regel außerhalb der CNC-Maschine vorgenommen. Dabei benutzt man ein Universal- Werkzeugmeß- und Voreinstellgerät. Bei modernen Varianten der Werkzeugmeß- und Voreinstellgeräte können die ermittelten Daten direkt zur CNC- Steuerung der Maschine via DNC übermittelt bzw. auf anderen Datenträgern oder einem Drucker ausgegeben werden.




2.8.3.1.Aufbau und Funktion eines Werkzeugvoreinstellgerätes 

Ein Werkzeugvoreinstellgerät dient zur Bestimmung der Werkzeugkorrekturwerte von Dreh- bzw. Fräswerkzeugen, ohne die eine sinnvolle Programmierung einer Werkstückkontur nicht möglich ist.

Ein Werkzeugvoreinstellgerät besteht im allgemeinen aus vier Hauptkomponenten:

  • Grundplatte,
  • dem Kreuzschlitten,
  • dem Projektträger und der
  • Werkzeugaufnahme.
Weiterhin sind zur Messung der Werkzeugkorrekturwerte eine elektronische Meßeinrichtung und eine Speichereinrichtung zur Abspeicherung der Daten, z.B. der Fräserradius R und die Länge L vorhanden. 




2.8.4. Werkzeugmessung und –einstellung mit Hilfe der CNC-Maschine

2.8.4.1.Direkte Werkzeugvermessung an der CNC-Drehmaschine 

Ein direktes Vermessen der Werkzeuge in der CNC-Werkzeugmaschine ist bisher nur für CNC-Drehmaschinen gebräuchlich.

Bei einer direkten Werkzeugvermessung wird ein Werkstück mit einem Werkzeug in beliebiger Einspannung bearbeitet (z.B. Drehen eines Zylinders). Das Werkstück wird danach in bezug auf den Maschinennullpunkt M vermessen. Die gemessenen Werte werden in den Werkzeugkorrekturspeicher der CNC-Steuerung gegeben.

Anschließend wird das zweite Werkzeug eingespannt, der Werkzeugschlitten in dieselbe Position wie beim ersten Werkzeug gebracht und die gedrehte Werkstückkontur wieder abgefahren. Die Steuerung errechnet dann aus der neuen Ist-Lage des Werkzeugschlittens die Korrekturwerte für das zweite Werkzeug.

Die direkte Werkzeugvermessung ist sehr zeitintensiv, erfordert aber keinen weiteren materiellen Aufwand.




2.8.4.2.Werkzeugvermessung über sogenannte Nullwerkzeuge an der CNC-Fräsmasch.

Eine gängige Methode der Werkzeugvermessung an der CNC-Fräsmaschine ist die Ermittlung der unterschiedlichen Längen der Fräswerkzeuge mit Hilfe eines Nullwerkzeuges. die Radiuskorrekturen aller Werkzeuge sind schon vorher ermittelt und in die CNC-Steuerung eingegeben worden.


 
2.8.4.3.Werkzeugvermessung über eine Optik in einer CNC-Maschine 

Im Arbeitsraum einiger CNC-Maschinen ist eine Optik an einem festen Punkt installiert, deren Position der Maschine bekannt ist. Diese Koordinaten sind in der CNC-Steuerung als Parameter gespeichert.

Die zu vermessenden Werkzeuge sind im Revolver beliebig eingespannt und werden dann nacheinander mit Hilfe des elektronischen Handrads in die Mitte des Fadenkreuzes der Optik gefahren. Die Steuerung errechnet dann ohne weitere Angaben die Querablage Q sowie die Länge L und speichert diese im Werkzeugkorrekturspeicher ab.




2.8.4.4.Vor – und Nachteile der direkten Werkzeugvermessung in der CNC-Maschine
 
 
Vorteile
Nachteile
  • größere Flexibilität
  • attraktivere Gestaltung von Maschinen-    arbeitsplätzen 
  • Kosteneinsparung durch das Wegfallen von  Werkzeugvoreinstellgeräten und aufwendige Werkzeughaltersystemen
  • Maschinenstillstand während der Ver-    messung
  • hohe Genauigkeiten sind nicht zu erzielen




2.9. Wegmeßsysteme an der CNC-Maschine

Die CNC-Steuerung hat die Aufgabe, an Hand der Befehle des NC-Programms, die Be-
wegungen des Werkzeug- oder Werkstückträgers zu veranlassen. Dabei müssen die programmierten Koordinaten auf einer vorgegebenen Bahn (Lage) und mit vorgeschriebener Geschwindigkeit (Vorschub) in höchster Genauigkeit in den Achsen angefahren werden.
 
 
Die exakte räumliche Lage der steuerbaren beweglichen Maschinenteile muß der CNC-Steuerung dabei zu jedem Zeitpunkt rückgemeldet werden. Dies geschieht über die Positionsmeßwertgeber, deren Daten in den Lageregelkreis eingespeist werden.
 
An CNC-Werkzeugmaschinen werden die Werkzeugträgerpositionen ständig gemessen. Aus der zeitlichen Veränderung des Weges wird durch die CNC-Steuerung die aktuelle Bahnposition (Istwert) sowie die Bahngeschwingigkeit berechnet und mit der programmierten Bahn verglichen (Sollwert).
Einflußfaktoren auf den Regelkreis sind z.B. die Bearbeitungskräfte sowie die Reibung und Spiele in den Führungen. Sie werden Störgrößen genannt und sind von der Regelung (CNC-Steuerung) zu kompensieren.
Die Steuerung gibt etwa jede Millisekunde an den Lageregelkreis einen neuen Lagesollwert, den dieser anzusteuern versucht. Bei der hohen Taktfrequenz erhält er im allgemeinen bereits einen neuen Sollwert, bevor der alte Sollwert erreicht wurde. Dies durch physikalische Bedingungen (z.B. zu hoher Vorschub) verursachte Verhalten der Lageregelung bewirkt den sogenannten Schleppfehler.
 

Wegmeßverfahren
Zur Bestimmung der aktuellen Werkzeugträgerposition (Istwert des Lageregelkreises) ist für jede Verfahrachse der CNC-Werkzeugmaschine ein Wegmeßsystem vorhanden. Je nach den speziellen Anforderungen an die jeweiligen Verfahrachsen werden unterschiedliche Wegmeßverfahren verwendet.




2.9.1. Absolute Wegmessung 

Bei der Absolutmaßprogrammierung zeigt jeder Teilungsschritt der binär codierten Meßskala einen exakten Zahlenwert an. Dieser Wert entspricht einer genauen Position des Werkzeugschlitten gegenüber dem Maschinennullpunkt M, das heißt, der CNC-Steuerung kann jederzeit die aktuelle Werkzeugschlittenposition direkt übergeben werden. Nachteilig ist, daß der Ablesebereich der Meßskala so groß wie der Arbeitsbereich sein muß. Das führt, verbunden mit der binären Codierung, zu sehr großen, technisch aufwendigen Meßskalen.




2.9.2. Inkrementale Wegmessung 

Bei der Relativprogrammierung ergeben sich bei einer Verfahrbewegung aus dem Wechsel von Hell- und Dunkelfeldern des Strichgitters Zählimpulse, die von der CNC-Steuerung laufend addiert bzw. subtrahiert werden. Die aktuelle Wegschlittenposition ergibt sich aus der Differenz zur letzten Position. Daher muß nach dem Einschalten der CNC-Steuerung der Schlitten einmal einen absoluten Punkt, den Referenzpunkt, anfahren, damit die CNC-Steuerung die absoluten Koordinaten errechnen kann.

Bei CNC-Werkzeugmaschinen werden im allgemeinen nur inkrementale Wegmeßverfahren verwendet, da bei ihnen das Anfahren des Referenzpunktes jederzeit möglich ist.

Hingegen können bei Robotern in Schweißstraßen beim Anfahren eines Referenzpunktes Kollisionen mit dem Werkstück auftreten, daher sind hier absolute Wegmeßverfahren erforderlich.